Die 100 Pforten: Die Hexe der 100 Pforten by N. D. Wilson

Autor:N. D. Wilson [Wilson, N. D.]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Phantasy
ISBN: 9783570135105
Herausgeber: Heyne Verlag
veröffentlicht: 2011-08-18T22:00:00+00:00

Henry saß am Esszimmertisch. Es tat gut, nicht mehr auf dem dämmerigen Dachboden zu sein – und weit weg von Endor und allem, was nach Endor roch. Sonnenlicht fiel durch die geborstenen Fenster. Die weißen, von der Sonne beschienenen Vorhänge streichelten die hereinwehende Brise. Das Plätschern des Wassers, das die Treppe hinunterlief, drang ins Zimmer. Von der Decke tropfte es.

Henry war nass. Ziemlich nass sogar. Und Henrietta und Zeke waren es auch. Trotzdem hielt Henry seine Füße weiter über dem Boden, wo das Meerwasser einen guten Zentimeter hoch stand. Beo war so wild darin herumgesprungen, dass sie ihn schließlich zur Vordertür hinausgelassen hatten. Damit hatte sich alles etwas beruhigt. Henry riss sein letztes Streichholz an, entzündete ein Papier und warf es auf den Tisch. Es wurde hellweiß und schrumpfte zusammen. Henrietta zog an ihren kurzen Locken und ließ sie wieder zurückspringen.

»Was soll das sein?«, fragte sie, als der Kreis mit den Flammen und die drei tanzenden Wörter sichtbar wurden. »Die Sonne?«

Zeke kratzte sich an der Wange und sah zu, wie das Papier weich und grau wurde, bis nur noch ein rechteckiges Stück Asche übrig war. Das Rechteck ließ sich von der Brise erfassen und schwebte auf Henry zu. Im Flug zerfiel es.

»Es sieht aus wie die Kugel, die der alte Mann hatte«, sagte Zeke. »Der Alte, der aus dem Boden kam.«

Henry nickte. »Der Schwarze Stern. Aber warum ist diese Zeichnung in den Papieren verborgen? Vielleicht können die Faeren es uns sagen. Zumindest hoffe ich das.«

»Meinst du, dass wir mit dieser Zeichnung den Schwarzen Stern finden können?«, fragte Henrietta.

Henry zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Aber diese Worte haben etwas zu bedeuten. Und jemand hat einen Grund gehabt, sie aufzuschreiben.«

Zeke sah nachdenklich ins Meerwasser, das über den Boden rann, und richtete sich auf. Er dehnte seinen Rücken nach links und nach rechts, wie vor einem Pitch. »Dein Vater hat gesagt, wir sollen diese Papiere den Faeren bringen?«

Henry stemmte sich mit den Füßen gegen die Tischbeine und kippelte seinen Stuhl nach hinten. Er wischte die Asche von seinem Schoß ins Wasser. »Wir müssen zur Königin der Faeren und anschließend zum Chestnut King. Und genau das werden wir auch tun.«

»Und einen Tag lang sollen wir warten?«, ergänzte Henrietta. »Aber wo denn? Wir haben kein Haus mehr. Es ist überhaupt niemand da.«

»Im ›Gehörnten Pferd‹«, antwortete Henry. »Da sollen wir warten. Allerdings weiß ich nicht, wo diese Schenke liegt.«

»Gleich am Domplatz.« Wieder zog Henrietta an ihren Locken und ließ sie zurückspringen. »Una hat uns mal dorthin geführt. Keine Ahnung, wo du damals warst. Vielleicht beim Baseball.«

Henry ließ seinen Stuhl zurück auf den Boden fallen. »Kannst du nicht mal aufhören, ständig an deinen Haaren herumzuziehen? Davon werden sie auch nicht länger.«

Henrietta ließ ihre Hand sinken. »Ist dir eigentlich klar, wie kurz ich die jetzt schneiden muss? Wie sieht das denn aus – an den Seiten diese langen Strähnen und obendrauf so kurz!«

Zeke grinste. »Nächstes Mal schneidest du sie gleichmäßig ab, Henry!«

Henrietta schnaubte. »Beim nächsten Mal schneidet Henry überhaupt nicht mehr!«

»Ich werde mir Mühe geben«, versprach Henry. »Wirklich, versprochen.

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